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Bis zur Eingemeindung von Rainer Brandt
a) Gefallene, Heimkehrer, Flüchtlinge und Vertriebene
Manche traurige Gewißheit stellte sich erst in den Nachkriegsjahren ein, wenn die Bemühungen des Suchdienstes erfolgreich waren und das Schicksal derer aufgeklärt wurde die im Krieg oder in Gefangenschaft verstorben waren. Andererseits kehrten auch nach Jahren immer wieder sogenannte Spätheimkehrer in Familie und Gemeinschaft zurück. Durch die Auswirkungen des Weltkrieges kamen fast Flüchtlinge und Heimatvertriebene nach Augustendorf und wurden hier vorübergehend oder dauerhaft in die Dorfgemeinschaft aufgenommen. Die Einwohnerzahl stieg dadurch vorübergehend sehr stark an und betrug nach dem „Adressbuch für den Kreis Bremervörde 1950/51“
489 Einwohner
112 Haushaltungen und
60 Häuser
in Augustendorf. „60 Häuser mit 112 Haushaltungen“ besagt schon etwas über eine merkliche Enge im Dorf und den damit verbundenen Problemen, das Miteinander unter einem Dach. Nicht immer ging alles reibungslos vonstatten und so manche Schlichtung durch den Gemeinderat war erforderlich. Dieser besteht in den Jahren aus
Hinrich Metscher (Bürgermeister)
Johann Schütt (1. Beigeordneter)
Otto Fricke (2. Beigeordneter)
Johann Janning
Hermann Schröder
Johann Bunger und
Diedrich Thobaben
die sämtlich für die „Deutsche Partei“ kandidiert hatten. Das Adressbuch 1950/51 (abgedruckt in Chronik 150 Jahre Augustendorf S. 70 ff.) ist in vieler Hinsicht eine interessante Quelle, denn einzig hier sind die Flüchtlinge mit ihren Heimatorten aufgeführt und für die Nachwelt festgehalten worden. Ihre Zahl verringerte sich in den Folgejahren dieses Jahrzehnts, denn viele Flüchtlinge zogen nach Nordrhein-Westfalen oder Süddeutschland, wo es Arbeit und Broterwerb für sie gab. So hatte sich 1958 (Adressbuch für den Kreis BRV 1958/59) die Einwohnerzahl bereits auf
406 Einwohner in
110 Haushalten und
66 Häusern
relativiert. Dieses zweite Adressbuch nach dem 2. Weltkrieg ist sicherlich ebenfalls eine interessante Lektüre und soll hier mit dem Augustendorfer Eintrag abgedruckt werden.
b) Ein Dorf wandelt sich
Im Jahr 1965 verzeichnete Augustendorf
340 Einwohner den
110 Haushalten und
67 Häusern
und das Dorf begann mit einem gewissen Strukturwandel. Es war nicht mehr das klassische Bauerndorf, in dem einmal fast alle Einwohner von der Landwirtschaft lebten und selbst die wenigen Handwerker Nebenerwerbslandwirte waren. Die ursprüngliche Struktur hatte von der Gründung bis zum Weltkrieg gehalten, aber in diesen Nachkriegsjahrzehnten war ein langsamer Wandel erkennbar. Wie schrieb noch der schon legendäre Redakteur Rudolf von Tils am 23. Oktober 1978 im Osterholzer Kreisblatt: „Wenn auch in dem rund 350 Einwohner zählenden Ort die Zeit nicht stehengeblieben ist, so ging man doch behutsam zu Werke. Natürlich wurde die Landwirtschaft modernisiert, denn sie ernährt immer noch einen großen Teil der Dorfbevölkerung. Auch die Motorisierung hat ihren vollen Einzug gehalten. Aber der Wahlspruch: „Was Du ererbt von Deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen“ hat in Augustendorf noch seinen Stellenwert. In der Landwirtschaft beiderseits des vier Kilometer langen Torfkanals darf vieles noch so sein wie früher und gar manches noch so wachsen, wie es will.“
Es entstanden im Dorf zunehmend reine Wohnhäuser auf und zwischen den Höfen und außerdem neuerdings auch einzelne Altenteilerhäuser, nachdem bislang meistens drei Generationen wortwörtlich unter einem Dach gelebt hatten. Vermehrt tauchten Berufsbezeichnung auf, die nicht mehr direkt mit der Landwirtschaft zu tun hatten. Arbeiter, Straßenwärter, technischer Angestellter, Schlachter, Schuster, Schneiderin, Zimmermeister, Kaufmann, Tischler, Dreher, Maurer und Bauunternehmer waren in der Mitte der 60er Jahre die Berufe außer dem angestammten Landwirt. Und Lehrer natürlich; es war dieses Herbert Rohde und Lehrerin Fräulein Hensel.
Die Probleme des siebenköpfigen Gemeinderates (sämtlich DP) waren in erste Linie die Sorgen um die Oberflächenentwässerung, die zentrale Wasserversorgung, den Straßen- und Wegebau sowie das Schulwesen. Oftmals waren die Probleme nur durch die sogenannten Hand- und Spanndienste zu bewältigen, indem die Augustendorfer nämlich eigenhändig Gemeinschaftsaufgaben erledigten. Diese Art der Pflichterfüllung basiert auf den Traditionen, in denen nur die Zusammengehörigkeit die Notsituationen zu überstehen half.
Aber bald zeigten sich wieder Risse in der relativ heilen politischen Welt Augustendorfs.
c) Eine sogenannte Gebietsreform
Seit Anfang der siebziger Jahre spuckte in den Köpfen verschiedener Landespolitiker – vor allen Dingen des damaligen Innenministers Groß – die Idee einer sogenannten Gebietsreform. Die kleinen, alten, bewährten Gemeinden sollten ihrer Existenz oder wahlweise Teil ihrer Souverinität zugunsten größerer Einheiten verlieren und dabei sollten dann Finanzmittel eingespart werden. Alles Schwachsinn, denn kostenloses Engagement (z.B. Hand- und Spanndienste) und ehrenamtliche Positionen wurden aufgegeben oder reduziert. Alternativ konnte zwischen den Dörfern in der Region Gnarrenburg vertraglich zum 1. März 1974 eine Samtgemeinde Gnarrenburg vereinbart werden oder der Gesetzgeber drohte mit der Einheitsgemeinde. Es kam zu keiner einvernehmliche Lösung und damit nach langwierigen Diskussionen und Beratungen zum Gesetz zur Neuordnung der Gemeinden in der Region Gnarrenburg. Nach langen Jahrzehnten der gemeindlichen Selbständigkeit wurde die Gemeinde aufgelöst und als Ortschaft in die Gemeinde Gnarrenburg eingegliedert. Dem letzten Gemeinderat in der Dorfgeschichte gehörten als Ergebnis der Gemeindewahl am 22. Oktober 1972 an:
Hermann Schröder, Bürgermeister
Johann Schröder, 1. Beigeordneter
Hinrich Dammann
Hermann Schlüter
Hinrich Meyer
Johann Metscher und
Rosemarie Caillé
Nach der Eingemeindung wurde Hermann Schröder zum Augustendorfer Ortvorsteher und vertrat darüberhinaus die Augustendorfer Interessen im Gnarrenburger Gemeinderat. Es konstituierte sich der Kultur- und Heimatverein Augustendorf e. V. und garantierte bis heute die Bewahrung des dorflichen Eigenlebens und des Zusammenhalts. So haben sich die negativen Auswirkungen der Gemeindereform hier erfreulicherweise in Grenzen gehalten, aber dieser Umstand ist nicht dem Landesgesetzgeber, sondern dem Zusammengehörigkeitsgefühl der Augustendorfer Bevölkerung zu verdanken.