Festrede 175 Jahre

(gehalten von Ortsvorsteher Friedrich Metscher beim Festakt am 15. August 2003)

Liebe Festgemeinde!

Ich gratuliere zum Geburtstag. Heute ist Elsbeth Hinck 50 Jahre alt geworden. In der Jubiläumswoche vom 10. bis zum 17. August haben noch einige von uns Geburtstag, wir gratulieren nachträglich Heidrun Schütt zum 29., Marika Hilken zum 37., Hans-Ludwig Buchholz zum 42. und Johann Dammann zum 70. Geburtstag. „Herzlichen Glückwunsch“ allen Geburtstagskindern. Der Abend ist gesichert. Und übermorgen wird der kleine Hannes Schröder 5 Jahre alt, da gratulieren wir auch schon mal.

5 Jahre, 50 Jahre oder 70 Jahre, mit dieser Zeitspanne können wir etwas anfangen. Augustendorf aber ist in diesem Jahr 175 Jahre alt geworden: Da können uns nur sehr schwer vorstellen, eine wie lange Zeit das ist. Aber vielleicht hilft es uns ein bisschen, wenn wir uns vor Augen führen, dass mittlerweile die 6. Generation auf den damals angelegten Hofstellen lebt. Und sie lebt heute selbstverständlich heute ganz anders als damals und viele Jahrzehnte danach.

Vieles hat sich in den letzten 175 Jahren verändert. Aber es ist Wirklichkeit geworden, aus dem Moor, der Einöde, in die keiner wollte, ist gutes Land geworden, das lange Zeit ihren Bewohnern das Auskommen sicherte. Heute ist das leider nicht mehr der Fall, weil sich die Strukturen, vor allen Dingen in der Landwirtschaft in so dramatischer Weise verändert haben, dass nur noch 8 von ehemals 40 Höfen ihre Einkünfte ausschließlich aus dem landw. Betrieb erzielen. Und diese Entwicklung ist noch nicht am Ende angelangt.

Viele Gedanken beschäftigen sich an einem solchen Tage vor allen Dingen mit der Vergangenheit, die mit diesem Jubiläum wachgerufen wird, vielleicht mit einem kleinen Ausblick auf die Zukunft unseres Dorfes. Unseren Zeitgenossen – besonders den Jüngeren – bedeutet die Vergangenheit oft nicht viel. Und auch das mittlere Alter beschäftigt zur Hauptsache die Gegenwart, sie nimmt alle unsere Kräfte in Anspruch. Der Job, die Arbeitslosigkeit, die Sicherheit unserer Renten, die Existenzangst des Handwerks- und des landwirtschaftlichen Betriebes, die zu erwartenden scharfen Einschnitte in das soziale Netz, welches nicht mehr finanzierbar ist. Dazu das Bedrückende, es gibt kaum Alternativen.

Das sind die beherrschenden Themen überall wo man hinhört und sie lassen keinen allem Anschein keinen Raum, um sich mit dem was war, mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Heute ist der Tag dafür.

„De Dorpslüd“ lassen für eine Woche die Vergangenheit lebendig werden. Am letzten Sonntag haben wir hier auf dem Saal einen Gottesdienst gefeiert in unserer Heimatsprache, dem plattdeutschen. Und nachmittags am Grab unseres Gründers Nicolaus Witte auf dem Friedhof „Hohe Worth“ in Bremervörde einen Kranz niedergelegt. Morgen geben alte Maschinen Einblick in den Beginn der Technisierung unserer Gegend und für die Kinder wird etwas geboten. Luftballons tragen die Kunde von diesem Ereignis nach Irgendwo. Abends wird getanzt, gesungen, gefeiert mit Bier und Wein (auch ich werde mir einige Steinhäger genehmigen). Und wenn ein starker Kaffee und vielleicht ein Rollmops die Birne morgen früh wieder frei gemacht haben, der Kater vertrieben ist, geht es auf den Festwagen. Schöne historische Festwagen können bewundert werden und ihre Aufmerksamkeit erregen. Und wem das alles nicht genügt, der ersteht für .....€ die Chronik, denn da kann man alles noch einmal nachlesen. „Augustendorf vorgestern – gestern – heute.“
Ich werde bewusst auf einen Langweiler, nämlich auf die Aneinanderreihung von geschichtlichen Daten verzichtet, weil jeder, der heute Abend hier ist, ja die Festschrift mit nach Hause nehmen wird.

2 Jahre haben wir uns vorbereitet auf dieses schöne Fest. Und das alles nur für eine Woche feiern? Oder wird die Besinnung noch etwas länger andauern und nachwirken, weil es uns Menschen eben nur doch 1x im Leben vergönnt ist, ein Dorfjubiläum bewusst und in vollen Zügen bei einigermaßen guter Gesundheit zu erleben?
Eine Antwort auf diese Frage kann ich nicht geben, aber eins weiß ich ganz sicher: Ohne die ersten Siedler, die hier in der Wüste, wie Findorff einst das Teufelsmoor nannte ( „Davelsmoor“, eine Gegend zum „Verdarben“ (verderben), oder auch „Düwelsmoor“, doves oder duves Moor, was von taub und unfruchtbar kommt) anfingen, arbeiteten und starben, wäre der heutige Tag nicht denkbar und wir nicht hier.

Das Schicksal lag schon damals nicht und liegt auch heute noch nicht nie ausschließlich in den eigenen Händen. Es ist immer leicht zu sagen: „Nimm doch dein Schicksal in die eigenen Hände!“ Aber so einfach ist das nicht, alleine schaffen wir es sowieso nicht. Warum aber haben es denn unsere Vorfahren geschafft? Ich will es euch sagen, unerschütterliches Gottvertrauen, der Weg zur Kirche in Gnarrenburg war niemanden zu weit zu Fuß und jeden Sonntag, und die ungebrochene Hoffnung auf eine bessere Zukunft hat unsere Vorfahren geholfen dabei, mit den Problemen in dieser so lebensfeindlichen Gegend fertig zu werden. Manch einer hat verzagt, hat aufgegeben und ist weggezogen von hier. Auch für Augustendorf gilt der Satz, jeder kennt ihn:

„Dem 1. der Tod – dem 2. die Not – dem 3. das Brot“

Dem 1. der Tod:

Der Fiskus forderte von den ersten Siedlern unter Anderem auch, binnen 6 Jahren ein festes Wohnhaus zu errichten. Das war schwierig genug, musste doch jegliches Bauholz von den Nachbardörfern oder von der Geest mühselig herbeigeschafft werden, auf den Schultern der Männer. Denn es gab weder eine Straße, noch einen schiffbaren Graben. So wohnten die Menschen zusammen mit den Tieren manchmal länger als vorgesehen in „Nur-Dach-Häusern“. 14 schlanke Birken, aus Langenhausen geholt, mit der Wurzel in die Erde gesteckt, oben zusammengebunden und mit Plaggen und Heide bedeckt. Das war die „Luxussweet,“ der Moorbauern.
Diese alten Moorkaten. Im Winter mit dickem Eis an den Innenwänden, im Sommer stickig heiß. Bei starkem Regen spülten die Erdplakken ab und es regnete durch. Wasser in den Hütten, immer feucht, die Schwindsucht oder Tuberkulose raffte Kinder und Erwachsene viel zu früh dahin und wenn der Regen das wärmende Feuer erloschen hatte, hieß es auf zu Fuß nach Langenhausen, um glühende Kohlen zu holen, Streichhölzer kannte noch niemand. Backen in ihren Backöfen ließen die Langenhäuser die Augustendorfer allerdings nicht, man sah die neue Kolonie nämlich als Konkurrenten im Torfverkauf. Das war aber gar nicht nett, liebe Langenhäuser. So gingen die Augustendorfer mit ihrem Brotteig den beschwerlichen Weg bis nach Klenkendorf und zurück.

Dazu die Tücken des Moores, Überschwemmungen, die knüppelharte Arbeit des Torfgrabens in sengender Sonne. Nebenbei etwas Land kultivieren, Moor- und Heide brennen und Buchweizen in die warme Asche sähen. Und dann schlug im Juni Väterchen Frost noch einmal brutal zu und der Buchweizen verfror. Er blühte dann zwar noch sehr schön, es bildete sich jedoch nur noch kleine Körner oder gar keine mehr aus. Hunger in den Moorhütten, das hieß „Betteln gehn.“ So mancher Fluch ist über dieses widerspenstige Land erklungen, wie viel Schweiß und Tränen hat dieses verdammte Moor aufgesogen wie ein Schwamm. Kummer, Verzweiflung, Kraft- und Mutlosigkeit, Armut, Hunger, Schmerz, Leid und Tod, die ganze Palette des Elends bestimmten das „Leben“ der 1. Generation. Das Moor, dass die angrenzenden reichen Geestbauern wohl gerne nahmen, um in trockenen Jahren, wenn auf dem Sande alles verdorrt war, ihr Vieh hineinzutreiben, wovon sie aber ansonsten sagten: „Dort im Moor leben, niemals, dort möchte ich nicht tot über’n Zaun hängen!“ - Dem 1. der Tod –

Dem 2. die Not:

Natürlich sind nicht alle gestorben an Hunger und Krankheit, aber ich kann mich auch nicht anfreunden mit dem Gedanken, dass der „Schnitter“ hier eine natürliche Auslese getroffen hat, nach dem nur die Stärksten uns Wiederstandsfähigsten überlebt haben, deren Nachkommen wir sind. Not und Tod waren in der 1. Generation ein unheilvolles Gespann, sie gingen Hand in Hand.
Aber ab wann kann man denn sagen:

Dem 3. das Brot:

Die ersten Siedler sind hierher gekommen, um sich durch landw. Arbeit eine Existenz aufzubauen. Aber wie sollte das denn gehen mit durchschnittlich 2 Kühen, 3 – 8 Schafen und 1 Schwein noch im Jahre 1848. 2 Pferde im ganzen Dorf. Das war zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel. Also begann man, das „braune Gold“ zu stechen und Brenntorf überwiegend nach Bremervörde zu verschiffen und zu verkaufen. Möglich wurde das aber erst durch die Schiffbarmachung des Kanals 1852 und deren Vertiefungen danach.

Der Haupterwerb war also der Torfverkauf und der Transportweg der Schiffsgraben. Mit dem Torf-Bullen (er fasste immerhin 13.000 Soden Torf oder 12 m³) wurden nach dem Entladen die Dinge des täglichen Bedarfs, vor allem aber auch Dünger Ende des 19. Jahrhunderts aus dem Bremervörder Hafen mit zurückgenommen. Die enge Verbindung der Augustendorfer zum Torf und ihrem Kanal wird glaube ich immer deutlicher.

Denn erst durch den Einsatz von Handelsdünger, hier vor allen Dingen Kalkmergel, Thomasphosphat und Chilesalpeter, und der weiteren Entwässerung des Moores konnten nun auch die Erträge aus der Landwirtschaft gesteigert werden. Das war überlebenswichtig, nachdem die Braun- und Steinkohle den Brenntorf als Heizmaterial verdrängt hatte. Danach jedoch ging es bergauf, Augustendorf entwickelte sich gut und wurde zu einer blühenden Kolonie. Rückschläge gab es nur noch durch die Weltwirtschaftskrise 1930 und dem schmerzlichen Verlust von 28 Opfern im 1. Weltkrieg und 38 Toten im 2. Weltkrieg, die heute Abend nicht unerwähnt bleiben dürfen.

„Dem 1. der Tod – dem 2. die Not – dem 3. das Brot“

Aber wie war das denn eigentlich mit Zusammengehörigkeitsgefühl, dem Zusammenstehen in schweren Zeiten, der Harmonie unter den Dorfsleuten, der Dorfgemeinschaft, die heute so gerne bei jeder Gelegenheit hervorgehoben wird in den vergangenen 175 Jahren. Nicht immer so rosig, die Älteren können sich an das Eine oder das Andere sicher noch erinnern. Da gab es mitten im Dorf, in Höhe der „Alten Schule" so eine Art Grenze. Ab Dorfmitte Richtung Langenhausen war „Nedden in’n Dörp“, in Richtung Glinstedt „Boben in’n Dörp.“ De „Neddersten“ und de „Böbersten.“ Das, liebe Gäste, hatte weit mehr zu bedeuten als nur, dass das Wasser im Augustendorfer Kanal von oben nach unten fließt.

Ich hatte als Schüler und Jugendlicher einiges an Grappen im Kopf. Ich gebe es ja heute zu: Ich fuhr auf die „Beatles“ total ab, war der erste im Dorf mit einer Pilzkopffrisur, meine Eltern haben sich wohl manchmal geschämt für den ausgeflippten kleinen Fritz. Tierarzt oder Pastor wollte ich werden, da ist nichts von geworden. Die Geschichte von Augustendorf hat mich zu der Zeit jedenfalls nicht die Bohne interessiert.

Aber gewundert habe ich mich schon, warum die großen Jungens von „Boben“ und „Nedden“ den Schulschluss nicht abwarten konnten um sich anschließend tüchtig zu verhauen.

Gewundert habe ich mich auch darüber, warum zu Pfingsten die Maibäume getrennt gepflanzt und begossen wurden. Ein erster Versuch, zwar getrennt zu pflanzen und zu begießen, aber hinterher wenigstens gemeinsam zu feiern scheiterte kläglich. Weil die von „unten im Dorf“ eher fertig waren, kamen sie uns ein Stück entgegen über die Grenze „Alte Schule“ und begossen den Baum eines unserer Mädchen. Das hätten sie lieber nicht getan, denn schon hatten wir das ganze Theater wieder im Gange. Aber warum das alles? Der Grund lag schon viele Jahrzehnte zurück, aber darauf muss man kommen.

Wer unten im Dorf seine Anbauerstelle hatte, fand überwiegend hellen Torf vor, er konnte auch den „Schwarzen“ in den tieferen Schichten aufgrund des Wasserstandes meistens nicht bergen. Die Marienhütte in Gnarrenburg nahm den „griesen“ Torf jedoch ab für 15 Mark je Torbullen.
Die Moorbauern oben im Dorf hatten den besseren Torf, bei Schomaker Nr. 35 war die Schwarztorfschicht sogar 4 m dick. Mit ihm konnten die Ewerschiffer in Bremervörde bedient werden, der Preis für einen Bullen Brenntorf betrug im Durchschnitt 55 Mark. Muss man da noch etwas erklären? Ich glaube nicht, wer kann es schon gut haben, dass bei der gleichen schweren Arbeit der Verdienst viermal geringer ist.

Und da ist ja noch die Sache mit dem Straßenbau im Jahre 1921. Der Gemeinderat hatte beschlossen, die Straße in Eigenleistung mit gebrannten Klinkern zu pflastern, die berühmten Hand- und Spanndienste. Alle Anwohner halfen auch kräftig mit, bis zur Dorfmitte „Alte Schule“. Da war es mit der Mithilfe der „Neddersten“ vorbei, man vertrat die Ansicht, die „Böbersten“ könnten ja weiterhin auf dem Sandweg fahren. Die Kluft wurde dadurch verständlicherweise nicht kleiner. Immerhin, die Straße wurde irgendwie fertig. Die Zusage des LK Bremervörde, unsere Dorfstraße als Kreisstraße (K 3 / K 148) zu übernehmen, wurde eingehalten. Welch ein Glück für Bürgermeister Bayer, sonst hätte er unsere Straße auch noch an den Hacken gehabt.

Auch der „Drainagenkrieg“ spaltete das Dorf um 1900 rum. Um vernünftig entwässern zu können, mussten die Vorfluter vertieft werden. Dafür gab es Zuschüsse und unterschiedliche Meinungen unter den Moorbauern über die Notwendigkeit dieser Maßnahme. Man war sich ganz und gar nicht einig. Als eines Tages der Wiesenbaumeister (staatlich angestellt) kam um zu kontrollieren, ob die Arbeit ordentlich nach Vorschrift ausgeführt worden war und der Zuschuss ausgezahlt werden konnte, fand sich dieser unversehens im Graben wieder. Über ihm 2 Bauern mit einem Knüppel in der Hand, einer soll gerufen haben: „Slo em dod!“ Der Wiesenbaumeister konnte sich jedoch wehren und zog seine Pistole. Der Vorfall lief ohne Blutvergießen ab.

Auch das waren die sonst so friedlichen Augustendorfer. Warum ich das alles so ausführlich erzähle?

„Nedderste“ und „Böberste“, das gibt es heute wirklich zum Glück nur noch geographisch, alles andere ist längst endgültig at Acta gelegt. Solche Geschehnisse wie damals sollen, dürfen und werden nicht wieder aufflammen. Sie gehören zwar zur Geschichte Augustendorfs dazu, sind aber Schnee von gestern.

Wir sind ein Dorf!

Ein Mooranbauer hatte einen Traum. Er ging durch das Moor mit Gott, die Fußabdrücke waren im nassen Moorboden zu sehen. Während sie so gingen, liefen die Stationen seines schweren Lebens vor seinen Augen ab. Als der Mooranbauer an den schwierigsten Stellen des Weges nur eine Spur entdecken konnte, fragte er besorgt den Herrn: „Herr,du wolltest doch auf allen Wegen bei mir sein, aber in den schwersten Zeiten meines Lebens sehe ich nur meine eigene Spur versunken im Torf. Wo warst Du, als ich dich am nötigsten brauchte?“ Gott antwortete ihm: „Dort, wo Du nur eine Spur siehst, da habe ich Dich getragen!“ Was soviel heißen soll: Ich habe Dir die Kraft geschenkt zum Überleben! „Spuren im Moor“, so hieß dieser Traum.

Das Überleben im Moor bei uns in Augustendorf konnte nur gelingen, wenn beides zusammenkam: Vertrauen auf Gott und Vertrauen in die eigene Kraft, wer eines von beiden nicht hatte, hatte schon von vornherein verloren. Ich hoffe, dass wir und auch die heutige Jugend noch ein paar Gene auf den Chromosomen vererbt bekommen haben, die einst den Pioniergeist unserer Ahnen ausmachten. Denn die brauchen wir, um auch die Zukunft meistern zu können.

Wie hat sich nur die Zeit gewandelt. Unsere Vorfahren haben hier Not und Tod erlitten, sie haben uns jedoch ein wunderschönes Fleckchen Erde hinterlassen. Manch einer möchte hier heute gerne wohnen, bekommt jedoch keinen Bauplatz. Liebe Augustendorfer, seid bloß nicht neidisch auf andere Dörfer oder Städte, die angeblich so viel Tolles haben. Schaut über die Ortsgrenzen hinaus und hört einmal mehr auf die Kommentare der Auswärtigen über Augustendorf, wie sie unser Dorf sehen und beurteilen. Wir leben trotz aller auch heute noch vorhandenen Widrigkeiten, die das Leben auf diesem Boden mit sich bringt, in einer noch fast heilen Wunderwelt. Eine Welt, die es zu erhalten gilt, ich wünsche uns die Augen und die Muße, das zu sehen und auch zu verstehen.

Wir sind nicht im Paradies und erst recht keine Engel. Das Leben geht hier seinen Gang ohne Weltrekorde und Sensationen, natürlich und mit allen menschlichen Schwächen. Menschlich, und gerade deshalb gut. Jeder weiß um den anderen, das negative aber auch das positive. Wenn es darauf ankommt, halten alle zusammen und helfen, und das nicht nur bei Hochwasser.

Von fast jedem Haus aus kann man morgens die Sonne aufgehen und sie abends untergehen sehen. Die abgesackte Straße, der Riss in der Mauerwand erinnern uns aber jeden Tag daran, dass es nichts Beständiges auf dieser Erde gibt. Der Grund, auf dem wir leben – Moor – ist immer beides, Fluch und Segen zugleich.
Entstanden vor 10.000 Jahren nach der letzten Eiszeit – was sind da schon 175 Jahre..............

Zu Beginn des Jahres 1831 ließ der Gemeindevorsteher Janning die Junggesellen des Dorfes am Stiel eines Moorhakens schwören, binnen eines Jahres nicht zu heiraten, um das Elend nicht noch zu vergrößern. Für noch mehr Kinder gab es in der 40 Menschen umfassenden Kolonie nicht genügend zu essen. Darüber allerdings, ob der Schwur eingehalten wurde, schweigt der Chronist. Meistens ist ja der Geist willig, aber das Fleisch schwach................

In dem Theaterstück „Ut ole Tieden,“ welches von den Anfängen Augustendorfs handelt, wird erzählt, das am Heiligen Abend 1831 das erste Kind in Augustendorf geboren wurde, worauf der Siedler Janning freudig ausruft: „Wir können heilfroh sein, unsere Heimat ist gesegnet. Es geht bergauf mit uns, Augustendorf soll leben!“ Ein Ruf, dem ich mich anschließen möchte heute abend.

Freude bewegt uns an diesem Tage. Möge sie uns Gott erhalten auf allen Wegen, welche die Bewohner von Augustendorf noch vor sich haben.

Heute – Morgen – Übermorgen – Alle Zeit!

Ich danke Euch.

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